Auf dem Paseo del Prado mittags Don Klaus
Drei Biographien, deren Verflechtungen abenteuerlicher nicht sein könnten: Klaus Barbie wurde aufgrund seiner ausgeprägten Grausamkeit als Gestapo-Chef im besetzten Lyon in den Jahren 1942 bis 1944 als „Schlächter von Lyon“ bekannt. Danach war er für den amerikanischen Geheimdienst in Augsburg tätig, nahm 1951 die sogenannte Rattenlinie nach Südamerika und arbeitete fortan für wechselnde Militärdiktaturen in Bolivien. 1943 hatte Barbie in Lyon Joseph Goldberg verhaftet und deportieren lassen. Dessen überlebender Sohn Michel Cojot-Goldberg reist 1975 nach La Paz, gibt sich als Journalist aus und trifft Barbie zum Interview, um ihn anschließend zu erschießen. Rache? Oder doch besser Gerechtigkeit? 1987 kommt es zum Prozess gegen Barbie in Lyon. Da hat Monika Ertl, deren Familie nach dem NS auch nach Bolivien zog und eng mit Barbies befreundet war, sich schon lange der Guerilla angeschlossen und 1971 in Hamburg den Geheimdienstmann erschossen, der Che Guevara und Inti Peredo ermorden ließ. Die Lust am Töten prägte Barbies Leben – der Wunsch, einmal aus Selbstermächtigung zu töten, einen Moment in Goldbergs Leben, während Ertl ihre Rache vollzog und dafür mit dem Leben bezahlte. Auf dem Paseo del Prado mittags Don Klaus begibt sich basierend auf Dokumenten und Interviews in ein Dickicht aus Herrschaft und Widerstand, Rache oder Gerechtigkeit.
UA: 29. Februar 2020, Staatstheater Augsburg, R: Johannes Wenzel / Matthias Naumann (Futur II Konjunktiv)
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Rezension von Berndt Herrmann: Spannend wie ein Spionagethriller (Donaukurier, 04.03.2020)